Geschichte des Amateurtheaters in Nordrhein-Westfalen

Wenn man die Geschichte des deutschen Amateurtheaters betrachtet, ist der Amateurtheaterverband NRW e.V. relativ jung. 1956 gegründet und 1960 ins Vereinsregister in Velbert eingetragen, repräsentiert er nicht die wechselvolle Amateurtheatergeschichte unseres Landes wie die Mitgliedsbühnen, die auf eine über 100jährige Tradition zurückblicken können.

Ende des 19. Jahrhunderts war in Deutschland die Gründungszeit von Vereinen. Überall entstanden Turn- und Gesangvereine und auch Theatervereine schossen wie Pilze aus dem Boden. Aber den Theatervereinen standen die Behörden oft skeptisch gegenüber. Und die Sozialistengesetze verbaten 1878 die Aufführungen der neu entstandenen Arbeitertheaterbewegungen bis zur Aufhebung dieses Gesetzes im Jahr 1890.

Am 3. November 1895 wurde die „Rheinisch-Westfälische Gauvereinigung der Privattheater“ in Düsseldorf gegründet. Ständige Querelen mit den Ordnungsbehörden kennzeichnete diese Zeit. Selbst genehmigte, der Öffentlichkeit nicht zugängliche Aufführungen (gespielt wurde nur vor Mitgliedern), wurden kurzfristig verboten und nicht selten endeten solche Auseinandersetzungen vor den Gerichten. Eine im März 1913 eingeführte „Lustbarkeitssteuer“ erschwerte die Arbeit der Theatervereine und rief den Verband auf den Plan. Er lief dagegen Sturm, vergebens. In dieser Situation brach der 1. Weltkrieg aus und die Aktivitäten der „Privattheater“ und „Dilettantenvereine“ schmolzen auf ein Minimum.

Nach dem 1. Weltkrieg waren es vor allem wirtschaftliche Nöte, die die Gaue und Vereine hatten. Öffentliche Aufführungen wurden jetzt durch subtilere Maßnahmen erschwert: Sie wurden als gewerbsmäßig angesehen und entsprechend hoch versteuert, was den finanziellen Ruin vieler Bühnen bedeutete. Nach der Machtübernahme durch die NSDAP im Jahre 1933 war die Marschrichtung schnell klar: Auflösung der selbstständigen Gaue und der verschiedenen Bundesorganisationen und Eingliederung in die „Reichsfachstelle für Volksbühnenspiel“, ab 1935 wieder unter dem Namen „Reichsbund für Volksbühnenspiele e.V.“. 1934 wurde ein totales Spielverbot verhängt, das aber in den Gauen unterschiedlich gehandhabt wurde. Es gab nach der „Gleichschaltung“ keine selbstständigen Gaue mehr. Viele, auch traditionsreiche Vereine, lösten sich in dieser Vorkriegszeit auf. Alle Aufführungen mussten genehmigt werden. Nach Ausbruch des 2. Weltkrieges 1939 wurde es durch die Einberufungen in die Wehrmacht immer schwieriger Aufführungen durchzuführen. Ab 1942 liegen darüber keine Aufzeichnungen mehr vor.

Nach dem 2. Weltkrieg trafen sich bereits 1945/46 wieder Volksbühnenspieler im Rheinland und in Westfalen und schon 1947 wurde der Verband „Rheinisch-Westfälischer Volksbühnenspieler“ gegründet. In dieser turbulenten Nachkriegszeit musste der Verband schon 1949 Konkurs anmelden und ging in den Verband für „Heimat- und Volksbühnenspiel“ über. Dieser Verband geriet jedoch in den fünfziger Jahren politisch in die Schusslinie des Verfassungsschutzes. In dieser Zeit des kalten Krieges unterhielt der Verband enge Verbindungen zur damaligen DDR und gab 1958 in Schwerin eine Erklärung heraus, in der er die sozialistischen Zielsetzung des Volksbühnenspiels ausdrücklich positiv benannte und sich für eine Übernahme an westdeutsche Bühnen aussprach (Naivität oder Kalkül?). Spätestens ab diesem Zeitpunkt distanzierten sich die meisten Volks- und Laienbühnen in NRW und auch befreundete andere Theaterverbände in der Bundesrepublik von dem so genannten Bochumer Verband.

Viele Vereine waren schon dem 1951 neu-konstituierten „Bund Deutscher Volksbühnenspieler“ beigetreten, andere schlossen sich ihm nach diesen Ereignissen an. Aber eine Tatsache hatte man bisher nicht ausreichend beachtet. In der 1948 gegründeten Bundesrepublik war Kultur die Aufgabe der Länder. Dieser Tatsache wurde 1960 Rechnung getragen und es gründeten sich selbstständige Landesverbände, die dann den Bund Deutscher Volksbühnenspieler (heute Bund Deutscher Amateurtheater) bildeten. Amateurbühnen können also nicht dem Bund deutscher Amateurtheater angehören, sondern müssen einem Verband auf Landesebene beitreten.

1956 kam es zu ersten Gesprächen über die Gründung eines Landesverbandes und im Herbst des selben Jahres wurde der „Landesverband Ruhr“ des „Bundes Deutscher Volksbühnenspieler“ gegründet. 1. Vorsitzender: Willi Stamm, Velbert, Geschäftsführer: August Vollmerhaus, Witten. Ab dem 1. Januar erfolgt eine Namensänderung in „Landesverband Nordrhein Westfalen und 1960 die Eintragung ins Vereinsregister beim Amtsgericht Velbert.

Am 20. Oktober 1962 beschließt der Verband bei einer Sitzung in Bochum-Langendreer sich fortan „Verband für Volksbühnen- und Laienspiel e.V.“ zu nennen. Vorsitzender wird Herbert Stöhr, Wanne-Eickel. Sein Name ist bis 1991 mit dem Namen des Verbandes eng verbunden.

Bei seinem angekündigten Rücktritt am 27. Oktober 1990 gab sich der Verband eine neue Satzung und heißt seitdem „Amateurtheaterverband Nordrhein-Westfalen e.V.“ Aber erst am 23. Februar 1991 wurde in einer außerordentlichen Mitgliederversammlung in Herne ein neuer Vorstand gewählt: Vorsitzender: Franz-Josef Witting, Geschäftsführer: Siegfried Plewa. Siegfried Plewa trat im Jahre 2002 aus Gesundheitsgründen zurück und Klaus Mahlberg, Herne-Wanne, wurde in Münster zum Landesgeschäftsführer gewählt. Seine Nachfolge trat 2004 Axel Gehring an.

Der Amateurtheaterverband NRW widmet sich vordringlich der Fort- und Weiterbildung seiner Mitglieder. In Zusammenarbeit mit dem Bund Deutscher Amateurtheater wird ein zielorientiertes Fortbildungsprogramm angeboten, das in den Bereichen Schauspiel, Regie, Ausstattung und Technik zertifizierbare Seminare und Abschlüsse anbietet.(siehe www.bdat.info)

Seit 1996 veranstaltet der Amateurtheaterverband NRW zusammen mit dem BDAT im 2-Jahresrhythmus die „Theatertage Europäischer Kulturen“ in Paderborn. Dort treffen sich Amateurtheatergruppen aus mehr als 10 europäischen Ländern um ihre Erarbeitungen vorzustellen und von einem Fachgremium kritisch besprechen zu lassen. Es ist das größte Treffen dieser Art in der Bundesrepublik.

Der Amateurtheaterverband NRW widmet sich nicht nur der Jugendarbeit, sondern initiiert auch eigene internationale Jugendtheaterprojekte in Verbindung mit der Bundesvereinigung Kultureller Jugendbildung (BKJ) bzw. dem Deutsch-Polnischen Jugendwerk (DPJW). Im Jahre 2000 wurde die Eigenproduktion „Die Zimtläden“ nach dem gleichnamigen Buch des polnischen Schriftstellers Bruno Schulz nach 2jähriger Erarbeitung zum Abschluss gebracht und in Krakau und Paderborn von jugendlichen Polen und Deutschen aufgeführt. Anschließend entstand das trinationale Projekt „Kafka – Hinter der Tür…“ nach den Tagebüchern Franz Kafkas. Diese Inszenierung wurde in den Jahren 2004 – 2005 in Polen, Tschechien, der Slowakei und Deutschland bei einer Reihe von Festivals aufgeführt.

Am 1. September 2012 fand in Köln ein weiterer Verbandstag statt. Der bisherige Vorsitzende Franz-Josef Witting erklärte, dass er nicht mehr für das Amt des Vorsitzenden kandidieren wolle. Die Mitgliederversammlung wählte Bernhard Staercke als neuen Vorsitzenden des Amateurtheaterverbandes NRW. Ebenfalls neu hinzu kam Daniela Hölker als Weiterbildungsreferentin.

Am 6. September 2014 fand die satzungsgemäße Mitgliederversammlung in Bochum statt. Dort wurde einerseits der bisherige Vorstand bestätigt, andererseits erklärten sich Mitglieder bereit, den Vorstand um weitere Personen zu erweitern (siehe “Startseite”).

Vorsitzende: Bernhard Staercke / Barbara Sahl-Viergutz

Geschäftsführer: Axel Gehring / Eleonore Bohne

Referenten: Daniela Hölker (Weiterbildung), Beate Isken-Göttfert (Kinder-und Jugendarbeit), Heinz-Gerd Küster (Öffentlichkeitsarbeit).

Im September 2016 wurde bei der Mitgliederversammlung der Vorstand bestätigt. Diese Mitgliederversammlung fand an dem Wochenende statt, an dem der Verband auch seinen 60. Geburtstag feiern durfte. Unter großer Anteilnahme der örtlichen und überörtlichen Prominenz und Politik wurden nicht nur Reden gehalten, sondern es wurde auch tüchtig gefeiert.

Ministerpräsidentin Hannelore Kraft hatte die Schirmherrschaft übernommen, das Sud- und Treberhaus lieferte den Rahmen und das Essen, die Volksbühne Körner steuerte nicht nur logistisch alles Nötige dazu bei, sondern beeindruckte auch am Abend mit einer fulminanten Theateraufführung.

Ebenfalls im September, allerdings 2018, fand der nächste Landesverbandstag mit 35 Vertretern unserer Mitgliedsbühnen statt. Der Vorstand wurde nach umfangreicher Darstellung seiner Tätigkeit von der Mitgliederversammlung entlastet. Bernhard Staercke teilte mit, dass er für eine weitere Amtszeit nicht mehr zur Verfügung stehen wolle. Die Mitgliederversammlung wählte daraufhin Klaus Mahlberg als neuen Vorsitzenden des Landesverbandes. Die übrigen bisherigen Mitglieder des Vorstandes kandidierten erneut und wurden in ihren Ämtern bestätigt.

Die satzungsgemäß zu erwartende Mitgliederversammlung konnte pandemiebedingt in 2020 nicht stattfinden, wurde aber in 2021 nachgeholt. Die MV stand weiterhin unter dem Vorzeichen der Coronapandemie und wurde deshalb als Hybrid-Veranstaltung durchgeführt. Der Vorstand wurde einstimmig wiedergewählt. Dies erfuhr Gleiches in der MV im Jahre 2022.

Im August 2022 konnte der Amateurtheaterverband NRW aufgrund der finanziellen Unterstützung durch das Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen eine Landesgeschäftsstelle in Köln eröffnen. Dadurch wurde nicht nur die Arbeit des Landesverbandes besser aufgestellt, sondern die Geschäftsstelle dient auch seitdem als Ort für die Durchführung von Seminaren, Beratung der Mitgliedsvereine, Sitzungen der dem Landesverband angeschlossenen Verbände (zum Beispiel kulturrat nrw) oder Tagungen im Zusammenhang mit dem in 2024 stattfindenden Amateurtheater-Festival NRW.

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