Lorenz Deutsch: „Die NRW-Kultur braucht eine Diskussion des zukünftigen Fördersystems.“
Die Nachricht von gravierenden Einsparungen in den Darstellenden Künsten erschüttert die Kulturszene in NRW. Das Kulturministerium nennt eine derzeit unkalkulierbare Haushaltslage für die kommenden Jahre als Grund dafür, dass in der Exzellenz- und Spitzenförderung Theater sowie in der Spitzenförderung Kinder- und Jugendtheater insgesamt zukünftig knapp die Hälfte der bisherigen Fördersumme zur Verfügung stehen soll. Diese Entscheidung bedeutet eine erhebliche Schwächung der Freien Szene, denn es handelt sich hier um unsere Besten, die mit der mehrjährigen Förderung eine gesicherte Weiterentwicklung nehmen können und sollen. Sie sind Leuchttürme der Kulturszene in NRW. Deshalb dürfen diese mehrjährigen Instrumente der Förderung nicht isoliert vom Rest der jährlichen Kulturhaushalte betrachtet werden.
Konkret wird die Kürzung mehreren renommierten Theatergruppen, die sich teils seit weit über zehn Jahren in Landesförderung befinden, die Existenzgrundlage nehmen. Statt bislang drei Plätzen in der Exzellenzförderung (je 100.000 Euro/Jahr) und acht Plätzen in der Spitzenförderung (je 80.000 Euro/Jahr) sollen nun nur noch zwei Plätze in der Exzellenzförderung und vier Plätze in der Spitzenförderung vergeben werden. Das jährliche Gesamtbudget sinkt damit von 940.000 Euro auf 520.000 Euro.
Hinzu kommt, dass im Bereich Kinder- und Jugendtheater die Spitzenförderung in der bestehenden Form abgeschafft werden soll und stattdessen neue Förderflüsse etabliert werden sollen. Zur Zukunft der Spitzenförderung Tanz und der Konzeptionsförderung – der dritten Säule der mehrjährigen Förderung – gibt es noch gar keine belastbare Aussage. Hier zeichnen sich insgesamt strukturelle Eingriffe in die Fördersystematik ab, die über reine Einsparlogiken hinausgehen.
Die grundsätzlich nachvollziehbare Notwendigkeit, in Zeiten knapper Kassen bestehende Förderlinien neu zu denken und den Gegebenheiten anzupassen, sollte unseres Erachtens nicht dazu führen, dass bislang eingeübte partizipative Prozesse kommentarlos aufgegeben werden. Wir sind überzeugt: Um irreparable Schäden in der Kulturszene NRWs nach Möglichkeit zu verhindern, bedarf es einer transparenten Kommunikation mit den Betroffenen. Fachverbände und Akteure sollten frühzeitig in die Lösungsfindung mit einbezogen werden.
Der Kulturrat NRW fordert die Landesregierung auf, auch in schwierigen Zeiten die vulnerablen Strukturen der Freien Szene zu stützen. Sollten Kürzungen jedoch unvermeidbar sein, braucht es zumindest ein nachvollziehbares Konzept, nach welchen Kriterien Einsparungen erfolgen. Dazu braucht es unbedingt Dialog. Wir erinnern hierfür an unseren Vorschlag, einen öffentlichen und moderierten Prozess für eine Kulturentwicklungsplanung NRW zu etablieren.
Lorenz Deutsch, Vorsitzender Kulturrat NRW
14.05.2025